Nachhaltigkeit und Zukunft

Infrastrukturen fördern, Bürokratie vermeiden

Im Jahr 2020 wurden in Deutschland rund vier Milliarden Kurier-, Express- und Paketsendungen (KEP) verschickt. Damit wurde – auch aufgrund der besonderen Relevanz von Paketdienstleistungen in der Corona-Pandemie – das erwartete Wachstum noch übertroffen. Es ist nicht zu erwarten, dass es einen Rückgang auf ein „Vor-Corona- Niveau“ geben wird. Kraftstoff und Ressourcen zu sparen ist dabei für die KEP-Unternehmen ebenso eine  gesellschaftliche und wirtschaftliche Selbstverständlichkeit wie der zunehmende Einsatz elektrischer Antriebe. Es gelingt den Paketdiensten kontinuierlich, den CO2-Fußabdruck pro Sendung immer weiter zu reduzieren. Die KEP-Unternehmen tragen durch Investitionen in Innovation und Klimaschutz aktiv zum Fortschritt bei. Die Bundesregierung kann dabei durch einen geeigneten Regelungsrahmen die Investitionstätigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen unterstützen.


1. CO2-Bepreisung gerecht ausgestalten
Die Paketdienste arbeiten ständig an der Optimierung ihrer logistischen Prozesse, um die Effizienz zu steigern und dadurch Verkehre zu vermeiden und Emissionen zu reduzieren. Damit leisten sie ihren Beitrag zur Erreichung der Klimaziele im Verkehr. Sie unterstützen darüber hinaus den technologischen Wandel hin zu emissionsarmen Antrieben. Eine Voraussetzung dafür ist die Verfügbarkeit postfossiler Energien. Regulierungen, die durch Kostensteigerungen Anreize für Investitionen in alternative Antriebe setzen, können allerdings nur wirken, wenn die alternativen Energien und Antriebe tatsächlich verfügbar sind. Andernfalls entziehen sie den Unternehmen nur die für Investitionen dringend erforderlichen Finanzmittel.

Die Dekarbonisierung des Verkehrswesens muss im Gleichklang mit der tatsächlichen Verfügbarkeit alternativer Antriebe und Energien vorangetrieben werden. Dazu ist eine europäische Lösung für den Brennstoffemissionshandel erforderlich. Die CO2-Bepreisung muss aufkommensneutral an die „CO2-Steuerzahler“ zurückfließen, um  Sonderbelastungen zu vermeiden. Im Detail fordern wir:

  • Das Europäische Emissionshandelssystem „ETS“ muss auf den Verkehrsbereich ausgeweitet werden, mit dem eine absolute CO2-Obergrenze festgelegt wird.
  • Einnahmen des ETS sollen zweckgebunden als anreizgebende Maßnahmen in die Unternehmen der Spedition, der Logistik und des Güterverkehrs zurückfließen.
  • Jede Form einer CO2-basierten Maut muss international abgestimmt und wettbewerbsneutral im deutschen Mautnetz sein (CO2-Grenzausgleich).

2. Europäische Lösungen beim Lang-Lkw etablieren
Der Lang-Lkw hat bewiesen, dass er ein sicheres und vor allem umweltfreundliches Verkehrsmittel ist. Das Streckennetz muss daher sukzessive ausgeweitet werden. Lang-Lkw sollen zudem auch für den internationalen Straßengüterverkehr zugelassen werden – angefangen bei den EU-Mitgliedstaaten, die den Betrieb des Lang-Lkw bereits heute für den nationalen Verkehr erlauben.


3. Nachtflugbetrieb gewährleisten
Die Corona-Pandemie hat schonungslos die große Bedeutung funktionierender weltweiter Lieferketten gezeigt. Um internationale Warenströme aus und nach Deutschland abzuwickeln, brauchen wir den Nachtflug. Nachtflüge ermöglichen es kleinen, mittleren und großen Unternehmen, Güter am Ende eines Produktionstages zu versenden und am nächsten Tag zum Beispiel in der EU, den USA oder umgekehrt in Deutschland auszuliefern und weiterzuverarbeiten. Insbesondere der nächtliche Expressflugbetrieb an den deutschen Luftdrehkreuzen darf nicht eingeschränkt werden, um sich zukunfts- und marktorientiert entwickeln zu können.


4. Für offene Grenzen als Grundlage von (Versorgungs-)Sicherheit einsetzen
Das Jahr 2020 hat sehr deutlich gezeigt, dass Versorgungssicherheit, darüber hinaus aber auch wirtschaftliche, soziale und gesundheitliche Sicherheit in einer globalisierten Welt nur grenzüberschreitend erhalten werden können. Die Corona-Pandemie ist kein singuläres Ereignis. Es wird auch in Zukunft weltweite Herausforderungen aus allen drei Nachhaltigkeitsbereichen (Ökologie, Ökonomie und Soziales) geben. Für die Paketdienste und darüber hinaus für die Logistik- und Transportbranche ist es deshalb von herausragender Bedeutung, dass sich der deutsche Gesetzgeber konsequent und kraftvoll für die Offenhaltung der Grenzen für den Wirtschaftsverkehr und die Gewährleistung störungsfreier Lieferketten einsetzt. Geschlossene Verkehrswege und Verkehrsinfrastruktur, einschließlich Flughäfen, gefährden die sichere Versorgung und ggf. die sichere Gesellschaft. Wir fordern daher:

  • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Transport- und Logistikunternehmen in Fahrzeugen, Depots und Umschlageinrichtungen müssen bei Anfahrten zum Arbeitsort und Transporten freie Passage an Grenzen haben.
  • Fristenregelungen sind aufzuheben und zukünftig auszuschließen.
  • Ggf. erforderliche gesundheitliche oder sonstige Nachweise müssen elektronisch vorab oder akut durch die Betroffenen selbst erbracht werden können, z. B. durch Eigenerklärung.

5. Flächendeckenden Breitbandausbau vorantreiben
Digitalisierung und KEP bedingen einander. Die fortschreitende Vernetzung von Diensten in der Wirtschaft – Online-Shops, Industrie 4.0, Warenwirtschaft, Logistik – verlangt eine intelligente, bedarfsgerechte Steuerung des Breitbandausbaus. Der Ausbau der Netze muss entschieden weiter vorangetrieben werden. Wir fordern eine Gigabit-Infrastruktur, um weiter wettbewerbsfähig zu bleiben.

Die breitbandige Netzabdeckung mit Mobilfunk ist für moderne Services und klimaschonende Paketzustellung absolut unverzichtbar. Ohne digitale Tools gibt es keine reibungslose Paketzustellung. Für den Betrieb von Tourenplanungs-Tablets und Scannern für Zustellerinnen und Zusteller sowie Paketshops ist ein stabiles mobiles Netz essenziell. Das ist leider nach wie vor an vielen Orten in Deutschland keine Selbstverständlichkeit.

Wenn die Politik von einer Zukunft mit autonomen Fahrzeugen spricht, dann muss neben den gesetzlichen Regelungen zum Datenschutz und Haftung vor allem auch eine geeignete digitale Infrastruktur vorhanden sein. Mittel- bis langfristig ist der Einsatz autonomer oder zumindest semiautonomer Fahrzeuge in der Paketzustellung durchaus vorstellbar – sofern die Automobil- und Tech-Branchen skalierbare Lösungen zur Verfügung stellen und ein mobiles Breitband-Internet flächendeckend und sicher vorhanden ist.


6. Konsequente Digitalisierung der Logistik unterstützen
Die Digitalisierung steigert logistische Effizienz und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Die Bundesregierung sollte das Zusatzprotokoll zur CMR-Konvention, mit dem der Frachtbrief auch als elektronisches Dokument ausgestellt werden kann, endlich ratifizieren (CMR: Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr).


7. Zollabwicklung vereinfachen
Wie wichtig die EU als einheitlicher Wirtschaftsraum ist, zeigen aktuell die Folgen des Brexits deutlich auf. Für europaweit tätige Unternehmen bergen unterschiedliche Rahmenbedingungen Bürokratielasten und Rechtsunsicherheiten, was zu Standortnachteilen für die deutsche Wirtschaft führen kann. Besonders offensichtlich ist dies bei der Digitalisierung, für die nationale Grenzen nur sehr bedingt eine Rolle spielen und bei der nur ein starker europäischer Rechtsraum den Rahmen für zukünftige Wirtschaftsstrukturen bieten kann.

Effiziente internationale Logistik erfordert eine hochleistungsfähige Zollabwicklung, die sich an das sich rasant entwickelnde Konsumverhalten anpasst. Der Ausbau von behördlichen Zollkapazitäten und die Flexibilisierung der Dienstzeiten inländischer Zolldienststellen tragen in Zukunft dazu bei, dass sich Deutschland als attraktiver europäischer Im- und Exportstandort im Wettbewerb der europäischen Nachbarländer behauptet. Hierfür muss auch die zweite Stufe zur Reform des Erhebungsverfahrens für die Einfuhrumsatzsteuer hin zu einem vollen Verrechnungsmodell vollendet werden. Bis zum erstrebenswerten Aufbau einer europäischen Zollagentur müssen Zollformalitäten innerhalb Europas vereinheitlicht werden, um vor allem den grenzüberschreitenden E-Commerce zu vereinfachen.