Häufige Fragen zur Postgesetz-Novelle

Weshalb ist eine Novelle des Postgesetzes notwendig?

Nach der Privatisierung der Deutsche Post AG (DPAG) sollte das Postgesetz Wettbewerb ermöglichen. In Deutschland sichern die Paketunternehmen gemeinsam die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Paketleistungen in urbanen Regionen und im ländlichen Raum. Dennoch existiert seit der vollständigen gesetzlichen Liberalisierung des Postsektors (beinhaltet Brief- und Paketmarkt) im Jahre 2008 noch immer kein fairer Wettbewerb auf dem Paketmarkt. Nach wie vor kann die DPAG ihre Kosten im wettbewerbsintensiven Paketmarkt teilweise über das staatlich regulierte Briefporto refinanzieren. Dies ist ihren Wettbewerbern nicht möglich. Über die überhöhten Briefporti erhält die DPAG eine zusätzliche Gewinnmarge, die sie in den Paketbereich investieren kann, ohne diese Investitionen über die Paketpreise verdienen zu müssen. Für einen fairen Wettbewerb muss daher eine strikte Trennung der Märkte „Brief“ und „Paket“ erfolgen.

Besteht ein Konflikt zwischen dem Wettbewerbs- und dem Nachhaltigkeitsziel?

Nein. Beide Ziele, das Wettbewerbsziel und das Nachhaltigkeitsziel, dienen dem Gemeinwohl. Wettbewerb fördert Effizienz und Innovation, zugunsten der Kundinnen und Kunden, die von innovativen, zuverlässigen und erschwinglichen Brief- und Paketprodukten profitieren. Darüber hinaus dient Wettbewerb gerade auch dem Klimaschutz. Erst ein fairer Wettbewerb ermöglicht es den Wettbewerbern der DPAG, in nachhaltige und innovative Zustellkonzepte zu investieren.

 

Zum Wohle der privaten und gewerblichen Kundinnen und Kunden sowie des Klimaschutzes muss durch eine Novellierung des Postgesetzes eine echte Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen im Paketmarkt erreicht werden.

Sind Paketdienste systemrelevant?

Die Paketunternehmen erbringen mit ihren hochwertigen Dienstleistungen einen unverzichtbaren Beitrag zur Versorgung von Wirtschaft und Gesellschaft. Paketdienst-leistungen spielen eine zunehmend wichtigere Rolle – gerade in Krisenzeiten; die Corona-Pandemie hat es noch einmal sichtbarer gemacht –, denn sie versorgen Verbraucherinnen und Verbraucher in urbanen und ländlichen Regionen schnell, flexibel und zuverlässig mit Waren und Gütern des täglichen Bedarfs. Gerade ein stabiles Mehrbetreiberumfeld gewährleistet eine dauerhaft hochwertige Versorgung. Es reduziert das Risiko eines Ausfalls von Paketdienstleistungen, der die Versorgung der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die der deutschen Wirtschaft erheblich beeinträchtigen kann. Daher brauchen sie einen klaren Rechtsrahmen, der durch Sicherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen Resilienz durch Akteursvielfalt – also durch unterschiedliche Unternehmen – garantiert. Diversität bei den Anbietern von Paketdiensten bewirkt, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird, ohne dass dieses einer förmlichen Universaldienstverpflichtung bedarf. Dies kann nur erreicht werden, wenn durch eine Novellierung des Postgesetzes die Wettbewerbsbedingungen für die Wettbewerber der DPAG verbessert werden.

Kann der Universaldienst auch im Wettbewerb erbracht werden?

Eine deutschlandweite Versorgung mit Paketen wird bereits seit Jahrzehnten gemeinschaftlich von den Paketdienstleistern sichergestellt. Nicht nur die DPAG, auch die BIEK-Mitglieder (DPD, GLS, GO!, Hermes und UPS) sichern eine flächendeckende Zustellung von der Hallig bis zur Alm, in der Stadt und auf dem Land. Der Vorteil daran ist, dass mehrere Unternehmen redundante Infrastrukturen betreiben. Das macht das System resilient gegenüber Störungen. Zudem haben Versenderinnen und Versender so eine echte Wahlmöglichkeit. Es kommt folglich nicht darauf an, ob ein bestimmtes Unternehmen alle Universaldienstleistungen erbringt, sondern darauf, dass diese grundsätzlich verfügbar sind.

 

Eine Verpflichtung zur Erbringung von Universaldiensten ist nur dann erforderlich und auch nur dann gerechtfertigt, wenn ein Marktversagen vorliegt. Der Staat muss nur dort eingreifen, wo der Markt ein benötigtes Angebot nicht bereitstellt. Ein solches Versagen liegt hier allerdings nicht vor. Daher ist ein staatliches Eingreifen nicht notwendig – und mit Blick auf Grundgesetz und EU-Recht auch nicht erlaubt.

 

Unzulässig ist die aktuelle Situation, in der sich die DPAG als einzelnes Unternehmen freiwillig zur Erbringung des Universaldienstes im wettbewerblich organisierten Paketbereich per E-Mail bereiterklärt und dafür automatisch einen finanziellen Ausgleich durch diverse Privilegien erhält.

 

Fakt ist: Einen echten Universaldienst zur Schließung von Versorgungslücken erbringt die DPAG nur im Briefbereich. Dort mögen ein Ausgleich und eine Verpflichtung noch zu rechtfertigen sein, da nachweislich Versorgungsdefizite bestehen. Im Paketbereich ist das aber nicht der Fall. Eine Universaldienstverpflichtung der DPAG und ihres Tochterunternehmens DHL im Paketbereich ist daher unnötig – und damit auch unzulässig.

Weshalb hat die DPAG derzeit starke Probleme bei der Zustellung?

Die DPAG verweist wegen aktueller Probleme, die Universaldienstverpflichtungen in der Zustellung einzuhalten, auf Personalmangel – sowohl bedingt durch den generellen Arbeitskräftemangel als auch durch aktuell hohe Krankenstände bei den Beschäftigten. Auffällig ist, dass besonders im Briefmarkt, in dem die DPAG Monopolistin ist, Probleme bei der Versorgung von Kundinnen und Kunden auftreten. Dieser Umstand macht einmal mehr deutlich, dass Wettbewerb im Interesse des Gemeinwohls, vor allem der Verbraucherinnen und Verbraucher ist.

 

Die Wettbewerber der DPAG im Paketbereich sind mit ähnlichen Herausforderungen im Personalbereich konfrontiert, jedoch stellen sie täglich zuverlässig und flächendeckend zu. Das zeigt, dass die Qualität von Beschäftigung an eine Vielzahl von Indikatoren gebunden ist, die sich nicht in der Tarifbindung des Arbeitgebers oder der Größe des beschäftigenden Unternehmens erschöpft.

Sollten gleiche gesetzliche Rechte und Pflichten für alle gelten oder sollten alle Unternehmen mit flächendeckender Versorgung Sonderrechte erhalten?

Es besteht kein Bedarf für Sonderrechte aus einer Universaldiensterbringung im Paketbereich, da die gewollten Universaldienstleistungen – also eine für jede und jeden erschwingliche Paketversorgung – de facto gemeinsam von allen Paketdienstleistern erbracht werden. Selbstverständlich muss dann auch dafür gesorgt werden, dass für alle diese Marktteilnehmer gleiche Rechte und Pflichten gelten. Das ist heute nicht der Fall: Die DPAG genießt diverse Sonderrechte, wie etwa das Mehrwertsteuerprivileg oder die Möglichkeit, alle ihre Kosten ohne Effizienzprüfung in die Porti einzupreisen; hinzu kommen verkehrsrechtliche Vorteile.

Werden die Preise im Paketbereich künstlich niedrig gehalten?

Durch die wettbewerbsschädliche Quersubventionierung des Paketmarktes kann die DPAG Dumpingpreise auf dem Paketmarkt durchsetzen. So kann sie verhindern, dass ihre Wettbewerber auskömmliche Erlöse realisieren können, die ihnen Investitionen in die Erhöhung ihrer Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit und in nachhaltige Verteilnetze erlauben und es ihnen so ermöglichen, ihre Marktanteile auf dem Paketmarkt zu verteidigen oder sogar auszubauen (Vgl. Haucap et al. (2022), Sozial-ökologische Ausrichtung des Postsektors darf nicht behindert werden, S. 12.). Die wettbewerbliche Schieflage auf dem Paketmarkt besteht somit nach wie vor.

Ein unfairer Preiswettbewerb ist nur kurzfristig im Interesse von Verbrauchern, Verbraucherinnen und  Unternehmen: Er führt dazu, dass alternative Paketdienstleister auf Dauer nicht im Markt bestehen können und daher keine Investitionen in nachhaltige und innovative Zustellkonzepte tätigen können (Vgl. Haucap et al. (2022), Sozial-ökologische Ausrichtung des Postsektors darf nicht behindert werden, S. 12.). Wenn dann eine Remonopolisierung erfolgreich war, können Preise nach Belieben angehoben werden. Die Paketpreise sind nicht so streng reguliert, wie die Briefporti. Es fehlt an einer effektiven Marktaufsicht im Paketmarkt. Eine solche Entwicklung kann nur verhindert werden, wenn das Postgesetz wettbewerbsfreundlich novelliert wird – so, wie es auch im Koalitionsvertrag vereinbart ist. Dies hilft, Preise dauerhaft erschwinglich zu halten und gleichzeitig durch funktionierenden Wettbewerb Auswahl, Innovation und Effizienz dauerhaft zu sichern.

Muss aus dem Bundeshaushalt ein Ausgleich für die Erbringung von Universaldienstleistungen gezahlt werden?

Nein. Laut DPAG-Quartalsmitteilung zum 31. März 2022 (DPAG, Quartalsmitteilung zum 31. März 2022) generiert die DPAG ausreichend hohe Einnahmen, so dass Ausgleichszahlungen nicht notwendig sind. Es ist nicht absehbar, dass die Universaldienstleistung für DPAG zum Verlustgeschäft wird. Für den Universaldienst mit Paketen ist ein wie auch immer gestalteter Ausgleich schon deshalb nicht plausibel, weil andere Anbieter die gleiche Leistung ohne Forderung nach solchen staatlichen Maßnahmen anbieten.

Welche Regulierung ist auf den Postmärkten von heute erforderlich und sinnvoll?

In den Bereichen, in denen das Ziel eines fairen, selbsttragenden Wettbewerbs bisher nicht erreicht wurde, müssen die Postmärkte reguliert werden. Erforderlich ist daher eine strenge Regulierung im Briefbereich. Auch im  Paketbereich muss der bestehende Wettbewerb aktiv geschützt und gestärkt werden. Auch hier ist die DPAG nach wie vor stark und hat in der jüngeren Vergangenheit ihren Marktanteil auch signifikant steigern können, sodass die Wettbewerber einen aktiven Schutz durch ein wettbewerbsfreundliches Postgesetz benötigen. Nur so können dauerhaft erschwingliche Paketpreise bei gleichzeitigen Investitionen in nachhaltige und innovative Zustellkonzepte erreicht werden.

 

Kernelement für eine erfolgreiche Entwicklung auf den Postmärkten ist dabei eine strikte Trennung der Brief- und Paketmärkte auf allen Ebenen. Dies umfasst auch den Universaldienst. Im Paketbereich erbringt der Markt die benötigten Leistungen. Kein Unternehmen muss hier zum Universaldienst verpflichtet werden, kein Unternehmen darf hier Ausgleichszahlungen und Privilegien erhalten. Eine Neuregelung ist konkret in den nachfolgenden Bereichen notwendig:

 

  • Die Entgelte der DPAG im Briefbereich müssen wettbewerbsadäquat reguliert werden. Das heißt: In die Briefporti dürfen nur Kosten eingepreist werden, die für die Erbringung der Briefdienstleistungen anfallen. Mit den Briefporti darf die DPAG nur solche Gewinne generieren, die dem unternehmerischen Risiko entsprechen. Eine zusätzliche Gewinnmarge, die ihr – und nicht ihren Wettbewerbern – Investitionen im Paketbereich ermöglicht, muss ausgeschlossen sein. All dies muss im Rahmen von befristeten Portogenehmigungen, die DPAG als marktmächtiges Unternehmen regelmäßig beantragen muss, geprüft und sichergestellt werden, Universaldienstverpflichtungen kann und darf es allenfalls im Briefbereich geben. Im Paketbereich sind alle benötigten Leistungen im Markt ohne Universaldienstverpflichtung verfügbar. Es darf im Paketbereich daher auch keine Ausgleichszahlungen oder Privilegien für einzelne – konkret: ein Unternehmen geben. Universaldienstkosten dürfen nur im regulierten Briefbereich refinanziert werden, im Paketbereich müssen alle Paketdienstleister diese Kosten am Markt decken.

 

  • Das Postgesetz muss modernisiert werden und Zugangsrechte auch für neue, stationäre und anbieteroffene Zustelleinrichtungen vorsehen. Dies sichert nachhaltige Zustellkonzepte in besonderem Maße.

 

  • Des Weiteren sollte die BNetzA die erforderlichen Befugnisse erhalten, um missbräuchlichen Verhaltensweisen vorbeugen und erkannte Missbräuche wirksam abstellen zu können.
Muss die Regulierung von Briefsendungen und Paketsendungen strikt getrennt werden?

Eine strikte Trennung der Geschäftsbereiche „Paket“ und „Brief“ ist zwingend erforderlich, denn (nur) die DPAG kann ihre Kosten in dem wettbewerbsintensiven Paketmarkt bis dato über das staatlich regulierte Briefporto quersubventionieren. Ihren Wettbewerbern ist dies nicht möglich, wodurch eine wettbewerbliche Schieflage entsteht. Über erhöhte Briefporti erhält die DPAG eine zusätzliche Gewinnmarge, die sie in den Paketbereich investieren kann, ohne diese Investitionen über die Paketpreise verdienen zu müssen. Die Wettbewerber haben diese Möglichkeit nicht. Folglich fehlen ihnen auch die erforderlichen Mittel, um schnellere Investitionen in umwelt- und klimafreundliche Technologien zu tätigen. Nur ein funktionierender Wettbewerb mit vielen starken Akteuren sichert auf Dauer erschwingliche Preise und nachhaltige, innovative und effiziente Zustellkonzepte.

Welche Befugnisse sollte die BNetzA erhalten, um missbräuchliche Verhaltensweisen zu erkennen und abbauen zu können?

Die BNetzA ist im Postrecht nur mit wenigen Befugnissen ausgestattet. Sie sollte das Recht bekommen, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, Informationen anzufordern; notfalls sollte sie dieses Recht auch zwangsweise durchsetzen können.

 

Notwendig ist dazu auch eine Verschärfung des Missbrauchsverbots. Dieses muss technologieneutral und entwicklungsoffen allen Unternehmen gleiche Zugangschancen zum Markt und faire Entgeltbedingungen auf allen Märkten sichern. Diese umfassenden Befugnisse stehen ihr im Telekommunikationssektor schon seit Langem zu. Das Postgesetz sollte diese aus der Telekommunikation bekannten Befugnisse übernehmen.

Das Verwaltungsgericht Köln hat im August 2022 entschieden, dass auch die Portogenehmigung 2019 rechtswidrig war. Was bedeutet dies und was passiert nun?

Das Verwaltungsgericht Köln hat die Portogenehmigung für die Briefporti 2019-2021 für rechtswidrig erklärt. Das Verwaltungsgericht stützte seine Entscheidung auf ein im Jahre 2020 vom Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) erwirktes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das bereits die vorhergehende Portogenehmigung 2015 als rechtswidrig aufgehoben hatte. Aus Sicht des Verwaltungsgerichts heilt die daraufhin vom Bundestag beschlossene Änderung des Postgesetzes im Jahre 2021 die Rechtsfehler der Portogenehmigung nicht.

 

Das Urteil gilt im Verhältnis zum BIEK und nicht allgemein. Nur diejenigen, die gegen die Portogenehmigung geklagt haben, könnten die zu viel gezahlten Briefporti zurückverlangen. Damit gerechte Verhältnisse für alle Verbraucherinnen und Verbraucher geschaffen werden, müsste die Bundesnetzagentur jetzt aktiv werden. Dies lehnt sie aber ab und nimmt so billigend in Kauf, dass die DPAG rechtswidrig zu hohe Briefporti vereinnahmt hat.

Die Portogenehmigungen 2015 und 2019 waren rechtswidrig. Was passiert mit den von der DPAG danach rechtswidrig vereinnahmten Gewinnen?

Die Gerichte haben entschieden: Die Portogenehmigungen 2015 und 2019 waren rechtswidrig. Die DPAG hat damit – zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher – Gewinne über Briefporti erhalten, die sie nicht erhalten durfte. Nach der aktuellen Rechtslage behält sie diese. Nach Berechnungen der Monopolkommission belaufen sich die rechtswidrigen Gewinne allein aus den letzten drei Jahren auf 450 Mio. Euro. Gerecht wäre es, wenn dieses Geld wieder den Verbraucherinnen und Verbrauchern zugutekommen würde, wie dies z. B. im Energiebereich vorgesehen ist, wenn Netzbetreiber rechtswidrig überhöhte Entgelte verlangt haben.

 

Um auch im Postbereich derart gerechte Verhältnisse für Verbraucherinnen und Verbraucher herzustellen, muss im neuen Postgesetz eine Regelung zur Mehrerlösabschöpfung aufgenommen werden. Im Energiesektor ist das seit Langem etabliert. Hat ein Netzbetreiber – wie hier die DPAG – rechtswidrig zu hohe Erlöse generiert, kann dieser rechtswidrige Betrag abgeschöpft werden und über künftige Entgelte den Verbraucherinnen und Verbrauchern wieder zugutekommen.

Wie reduzieren die Paketunternehmen ihren ökologischen Fußabdruck?

Paketunternehmen sind Klimaschützer und Innovationstreiber zugleich. Klimaschutz und Innovation müssen zusammengedacht werden. Bereits heute leisten die Unternehmen aktiv einen Beitrag zum Klimaschutz durch Investitionen in Innovationen. Den Paketunternehmen gelingt es kontinuierlich, den CO2-Fußabdruck pro Sendung immer weiter zu reduzieren.

 

Der Einsatz von E-Fahrzeugen, eine laufende Optimierung der Zustellrouten, die Nutzung zahlreicher Mikro-Depots in Ballungszentren – vor allem in Kombination mit umweltfreundlichen Lastenrädern – sowie der nachhaltige Um- und Neubau von Sortierzentren und Depots (u. a. Installation von Solaranlagen und Wärmepumpen) begünstigen diese positive Entwicklung.

Sollten Nachhaltigkeitsziele im selben Gesetz mit dem Universaldienst geregelt werden?

Die Paketbranche steht für Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Im Interesse der Normenklarheit sollten Gesetze jedoch nur Vorschriften enthalten, die dem Normzweck entsprechen. Wettbewerb, Universaldienst, Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind völlig unterschiedliche Regelungsbereiche, die durch unterschiedliche Gesetze adressiert werden sollten. Aufgabe des Postgesetzes und des europäischen Postrechts ist es, den fairen Wettbewerb im ehemaligen staatlichen Postsektor herzustellen und zugleich abzusichern, dass dennoch die für die Allgemeinheit benötigten Universaldienstleistungen bereitstehen. Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind dagegen Regelungsbereiche, die durch andere Gesetze adressiert werden, z. B. im Bereich des Immissionsschutzrechts, dem Klimaschutzgesetz und Einzelvorschriften über bspw. die CO2-Bepreisung oder Beschaffungsvorschriften. Zudem sind Post- und Paketdienste Teil des Güterverkehrssektors, für den bereits konkrete Klimaschutzziele definiert wurden.

Bestimmen niedrige Lohnkosten und prekäre Arbeitsbedingungen den Paketmarkt?

Die Paketunternehmen sorgen in Deutschland für Arbeit und Einkommen – gerade auch für Zuwanderinnen und Zuwanderer sowie für Personen ohne formale Qualifikation. Faire Arbeitsbedingungen, die Sicherung hoher Sozialstandards und ein gutes Arbeitsumfeld sind zentrale Faktoren für die Paketdienstleister. Professionelle unternehmerische Strukturen sind eine wesentliche Voraussetzung für die nachhaltige Branchenentwicklung ebenso wie für langfristig erfolgreiche Dienstleistungen. Verstöße gegen Arbeits-, Sozial- und Steuervorschriften werden in der Branche nicht toleriert. Gemeinsam mit den Vertragspartnerunternehmen stellen die Paketdienstleister sicher, dass die Arbeitsbedingungen selbstverständlich mindestens den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Um gute Arbeitsbedingungen zu sichern und Missstände zu beseitigen, ist die Zusammenarbeit mit dem Zoll essenziell und gelebte Praxis. Eine bedarfsgerechte Erhöhung der Kontrollintensität ist deshalb erforderlich.

Müssen Standards zu Arbeitsbedingungen im Postgesetz fixiert werden?

Für die Einhaltung der Arbeitsbedingungen auch im Postsektor existieren ausreichende rechtliche Grundlagen und Kontrollmöglichkeiten durch den Zoll, mit dem die Paketdienstleister eng zusammenarbeiten. Weitere Regelungen im Postgesetz würden hier keine Verbesserung bringen, sondern wären dort wesensfremd.

 

Die großen Paketunternehmen wenden darüber hinaus bereits seit 2020 ein Verfahren zur Sicherstellung transparenter Arbeitsbedingungen bei Vertragspartnern in der Paketbranche an: PQ KEP. Unternehmen erhalten bei Einhaltung der Standards ein rechtssicheres Prüfsiegel von der etablierten Präqualifizierungsstelle Zertifizierung Bau GmbH (ZertBau). Transportunternehmen, die im Auftrag der Paketdienste agieren, haben damit die Möglichkeit, rechtssicher zu belegen, dass sie die gesetzlichen und von den Paketdiensten vorausgesetzten hohen Sozial- und Arbeitsstandards erfüllen. Bisher ist die ZertBau bundesweit die einzige Stelle, die von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) berechtigt wurde, Zertifizierungen im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP) vorzunehmen.

Inwieweit lassen sich für den Postbereich neben den allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorgaben (z. B. Mindestlohngesetz) besondere Anforderungen an die Arbeitsbedingungen begründen?

Das deutsche Arbeitsrecht regelt umfassend Rechte und Pflichten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und insbesondere der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Sie gelten universell. Ihre Einhaltung muss unabhängig von der Branchenzugehörigkeit kontrolliert werden. Es ist eine Besonderheit des deutschen Sozialstaats, dass es einheitliche, verlässliche Regeln anstelle einer Vielzahl branchenspezifischer Sonderregeln gibt. Das gilt auch uneingeschränkt für den Postsektor.

Soll das Postrecht Sanktionen gegen Arbeitsrechtsverstöße vorsehen?

Das Arbeitsrecht enthält Sanktionen gegen Arbeitsrechtsverstöße. In diesem Rahmen sind sie auch angemessen geregelt. Wichtiger als zusätzliche (gesetzesfremde) Regelungen im Rahmen des Postrechtes ist eine ausreichend hohe staatliche Kontrolldichte.

Was sind Werkverträge und mit wem werden sie geschlossen?

Große Paketdienstleister beauftragen oft kleinere Unternehmen, die Pakete für ein bestimmtes Gebiet von einem regionalen Depot abholen und den Empfängerinnen und Empfängern zustellen. Weil die kleineren Unternehmen im Auftrag der großen Paketdienste und in deren Markenerscheinung fahren und nicht direkt von den Online- und Versandhändlern beauftragt werden, nennt man sie „Nachunternehmer“ oder „Subunternehmer“. Die Grundlage für diese Zusammenarbeit bilden Werkverträge. Diese sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 631 BGB) verankert und werden darin als Verträge zur Herbeiführung eines Erfolgs durch Dienstleistung charakterisiert. Mit anderen Worten: Die Zustellung von Paketen eines Auftraggebers in einem bestimmen Zustellgebiet ist der „Erfolg“, also das Werk, über das ein Vertrag geschlossen wird.

 

Werkverträge werden in der Paketbranche mit Unternehmen abgeschlossen, nicht mit Einzelpersonen. Die Vertragspartner der Paketdienstleister erfüllen die Verträge, indem sie eine kontinuierliche Zustellung gewährleisten. Sie sind klassische Unternehmen des deutschen Mittelstandes mit bis zu 250 Beschäftigten.

Warum werden Werkverträge geschlossen?

Alle Paketunternehmen, die im gesamten Bundesgebiet zustellen, schließen Werkverträge ab. Der wesentliche Grund ist, dass sie damit die Vorteile der arbeitsteiligen Wirtschaft nutzen. In der Paketbranche kann es ein Vorteil sein, kleine Fahrzeugflotten dezentral sehr effizient einzusetzen oder kleine Mitarbeiterzahlen effizienter zu führen als große Belegschaften. Kleine Unternehmen können viel besser am riesigen Paketmarkt teilnehmen, wenn sie dafür nicht ein ganzes bundesweites Netzwerk aufbauen müssen. Auch viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer finden es angenehmer, in einem kleinen familiären Betrieb zu arbeiten, als in einem großen Konzern. Es gibt weitere Gründe, die letztlich in den unternehmerischen Entscheidungen begründet sind. Dazu zählt natürlich auch die Motivation, Gewinne zu erzielen. Vertragspartner können neben der Paketzustellung weitere Aufträge erledigen, um z. B. ihre Fahrzeuge besser auszulasten. Dies können Aufträge sein, die beispielweise eine regionale Spezialisierung erfordern und daher von Großunternehmen nicht genommen werden würden.

 

Durch das Grundgesetz ist die Vertragsfreiheit garantiert. Jedem Unternehmen steht frei, mit wem es Verträge abschließt und welche Inhalte Gegenstand der Verträge sind. Die unternehmerische Kreativität tausender Vertragspartner trägt dazu bei, dass Arbeitsplätze geschaffen werden und die Branche mit ihrer Wertschöpfung einen entscheidenden Beitrag für die Gesellschaft leistet.