Fairer Wettbewerb

Regulierung von Brief- und Paketsendungen strikt trennen

Längst sichern alle Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP) gemeinsam die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Paketdienstleistungen überall in Deutschland. Sie investieren massiv in Zukunftsthemen. Dazu zählen qualifizierte Arbeitskräfte, die Optimierung der Arbeitsbedingungen, Digitalisierungsprozesse, alternative Antriebstechnologien, eine immer nachhaltigere und effizientere Stadtlogistik und vieles mehr. Diese notwendigen Investitionen sind nur möglich, wenn sie auf dem Markt refinanzierbar sind. Die Voraussetzungen müssen daher für alle Marktbeteiligten gleich sein – zum Wohle der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der Innovationskraft der
Unternehmen.

Leider ist das immer noch nicht der Fall. Die jüngsten Änderungen des Postgesetzes konnten die wettbewerbliche Schieflage im Paketmarkt nicht beseitigen. Die Deutsche Post kann weiterhin – nun sogar gesetzlich festgeschrieben – ihre Kosten im wettbewerbsintensiven Paketmarkt über das staatlich regulierte Briefporto refinanzieren. Dies ist ihren Wettbewerbern nicht möglich. Über überhöhte Briefporti erhält sie eine zusätzliche Gewinnmarge, die sie in den Paketbereich investieren kann, ohne diese Investitionen über die Paketpreise verdienen zu müssen. Die Chance für die saubere Trennung zwischen dem regulierten Briefbereich und dem wettbewerblichen Paketmarkt wurde vertan. Umso unerlässlicher ist die angekündigte große Postgesetz-Novelle in der 20. Legislaturperiode.

Bei der Novellierung des Postgesetzes muss insbesondere berücksichtigt werden, dass sich die Herausforderungen für den Paketmarkt grundlegend von denen der Briefmärkte unterscheiden. Anders als auf dem Paketmarkt sind die Sendungsmengen im Briefmarkt rückläufig. Anders als auf den Briefmärkten sichern auf dem Paketmarkt alle Paketdienste die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung. Dies muss sich in der Regulierung abbilden. Für die Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungenist es daher essenziell, die Regulierung von Briefsendungen (schriftlichen Mitteilungen) und Paketsendungen (Waren jeder Art) strikt zu trennen. Nur so erhalten auch Wettbewerber der Deutschen Post, die nicht gleichzeitig in den Brief- und Paketmärkten tätig sind, gleichwertige Marktbedingungen, nur so können auch die Rechte der Empfängerinnen und Empfänger marktgerecht umfassend abgesichert werden.
Die Bundesregierung muss daher in folgenden Bereichen handeln:


1. Geschäftsbereiche „Brief“ und „Paket“ trennen
Eine klare und transparente Kostenzuordnung und eine getrennte Ausweisung der Geschäftsbereiche „Paket“ und „Brief“ der Deutschen Post sind unerlässlich. Nur eine getrennte Rechnungsführung ermöglicht eine transparente, nachvollziehbare Kostenzuordnung zu regulierten und nicht regulierten Produkten.


2. Universaldienst auf den Briefbereich beschränken
Die Verpflichtung einzelner Unternehmen zur Erbringung des Universaldienstes (und daran anknüpfende Privilegien) ist auf Situationen zu beschränken, in denen nachweislich Versorgungsdefizite bestehen – im Paketbereich ist dies nicht der Fall. Insbesondere muss demzufolge das Mehrwertsteuerprivileg im Paketbereich abgeschafft werden.


3. Versendung von Waren als briefähnliche Sendungen ausschließen
Die bei der Deutschen Post übliche Versendung von Warensendungen als briefähnliche Sendungen mit dem damit verknüpften Haftungsprivileg ist auszuschließen. Sie entspricht nicht den Erwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher und steht der notwendigen Marktabgrenzung entgegen. Eine saubere Differenzierung zwischen Brief- und Paketsendungen ist auch hier erforderlich, zumal ein erheblicher Teil der Sendungen im E-Commerce unterhalb von 2 kg liegt. Zugleich entspricht es den modernen Erwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher ebenso wie Sicherheits- und Steuerbelangen, dass Warensendungen ausschließlich mit einer transparenten Sendungsverfolgung versandt werden.


4. Missbrauchsaufsicht stärken
Die Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen muss gestärkt werden. Die Bundesnetzagentur muss überhöhte Entgelte, die nur aufgrund der Marktmacht durchgesetzt werden können, wirksam unterbinden und Rechtsverstöße sanktionieren dürfen. Gleiches gilt für Dumping-Entgelte und sonstige den Wettbewerb behindernde Verhaltensweisen.


5. Funktionierenden Wettbewerb bei der Entgeltregulierung berücksichtigen
Die Entgelte der marktbeherrschenden Deutschen Post für ihre Briefdienstleistungen sind so zu regulieren, dass funktionierende Wettbewerbsbedingungen ermöglicht werden. Das heißt, die Entgelte dürfen nur die Kosten decken, die einem effizienten Unternehmen für diese Briefdienstleistungen entstehen, inkl. eines Gewinns, der am unternehmerischen Risiko ausgerichtet ist.


6. Bundesanteile an der Deutschen Post veräußern
Der Bund muss seine Anteile an der Deutschen Post im Wert von über zehn Milliarden Euro veräußern, um den Interessenkonflikt – einerseits Regulierer, andererseits Dividendenempfänger – zu beenden. Dieses Geld könnte u. a. für die Stärkung des coronageschwächten stationären Einzelhandels und den effektiven Ausbau des Breitbandnetzes genutzt werden.